Souvenir

„Se souvenir“, französisch für „sich erinnern“, für „an etwas denken“. Nicht nur etymologisch betrachtet, beschreibt der Begriff also zunächst eine mentale Disposition, die sich erst im Folgenden materialisiert. Beschreibt er einen psychischen Akt, der vor allem in der aufkommenden Konsum- und Tourismuskultur seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zunehmend physische Ausformungen annehmen sollte. Sicher, das Souvenir hatte schon immer einen Körper, als Devotionalie religiöser Wallfahrer, als Artefakt in den Wunderkammern der Renaissance und des Barock. Im heute gebräuchlichen Sinne aber ist das Souvenir ein Exponat einer demokratisierten und eben auch industrialisierten Massenkultur. Das gilt nicht zuletzt auch für die Produktionsbedingungen des Souvenirs. Längst kommen das Plastik Matterhorn aus China und der Berliner Plüschbär aus Taiwan. Mehr als 90 % solch global verständlicher Andenken werden heute in sogenannten Billiglohnländern produziert. Authentisch an ihnen ist, wenn überhaupt, allenfalls noch die darin eingeschriebene Erinnerung, die persönliche Souvenirgeschichte. Oder ist auch sie längst nur die Miniaturversion eines hegemonialen Bilderkanons? Normiert also das seriell gefertigte Souvenir unsere Vorstellung von der Welt?

Clemens Niedenthal, Hast Du Dir etwas mitgebracht? Eine Verortung der Dinge In: Kampf der Dinge. Der Deutsche Werkbund zwischen Anspruch und Alltag, 2008, S. 134 – 137