Spritzdekor-Pistole

Die Spritzdekor-Pistole Simplex I. wurde zwischen 1920 und 1940 von der A. Krautzberger & Co. GmbH in Holzhausen bei Leipzig hergestellt.

Bereits im Oktober 1902 meldete Albert Krautzberger ein durch Druckluft betriebenes Malgerät zum Patent an, das zum Auftragen von Farbe auf Oberflächen dient. Ab 1903 wurden Druckluft-Spritzpistolen von der Firma in Serie produziert.

Die Simplex I. besteht aus einem Holzgriff, an dessen unterem Ende der Druckluftschlauch befestigt wird, sowie aus einem länglichen Körper und einer Düse aus Metall. Oben auf der Pistole ist ein metallener Behälter zum Einfüllen der Farbe aufgesteckt. Durch das Betätigen des Hebels fließt Druckluft durch den Farbbehälter und die Düsennadel geht zurück. So entsteht eine Öffnung, durch die die Farbe austreten kann. Die Größe der Öffnung und somit auch die Menge der herausspritzenden Farbe nehmen zu, je weiter der Hebel zurückgedrückt wird.

Die Königliche Porzellanmanufaktur Berlin verwendete bereits um das Jahr 1900 das Spritzverfahren zum Auftrag von Glasuren. In den darauffolgenden Jahren wurden immer mehr deutsche Keramikbetriebe mit Aerographenanlagen ausgerüstet. Im Zuge dessen ermöglichte ein schnelleres Anlernen gering bezahlter Arbeitskräfte eine massenhafte Produktion keramischer Waren mit Spritzdekor. Der freie und schablonierte Auftrag zunehmend abstrakter Dekore erfreute sich während der 1920er Jahre großer Beliebtheit und derart gestaltete Produkte nahmen aufgrund von Erschwinglichkeit und massenhafter Verfügbarkeit rasch große Präsenz auf dem zeitgenössischen Markt ein.

Im Rahmen der künstlerisch-handwerklichen Praxis der Keramikherstellung fand die Arbeit mit dem Aerographen ihre Position an der Schnittstelle von manuell geführtem Farbauftrag zu maschinellem Verfahren. Für Artur Henning, Lehrer an der Staatlichen Keramischen Fachschule Bunzlau, überwog allerdings die maschinelle Dimension dieses Verfahrens. Dieses sei laut Henning unmittelbar mit einer abstrakt-geometrischen Formgebung verknüpft. Auch Bauhauskünstler*innen wie Kandinsky, Klee und Moholy-Nagy experimentierten mit der Technik des Aerographen.

Die Spritzdekor-Pistole ist seit dem 10. Oktober 2019 im Rahmen der Sonderausstellung „Dekor als Übergriff?“ zu sehen, die sich dem populären Spritzdekor der 1920er und 1930er Jahre und den damit verbundenen, sozioökonomischen und technisch-künstlerischen Diskursen widmet.