Wilhelm Wagenfeld wird am 15.4.1900 in Bremen geboren. Dort macht er eine Lehre im Zeichenbüro einer Silberwarenfabrik und besucht gleichzeitig die Kunstgewerbeschule. 1919 bis 1922 besucht er die Staatliche Zeichenakademie in Hanau/Main, danach zieht es ihn ans Bauhaus nach Weimar, wo er von Christian Dell und Laszlo Moholy-Nagy unterrichtet wird. Ab 1926 bis zur ihrer Schließung 1930 ist Wagenfeld an der Staatlichen Bauhochschule Weimar tätig, 1928 tritt er dem Deutschen Werkbund bei. In den Jahren von 1931 bis 1935 arbeitet er als Dozent an der Staatlichen Kunsthochschule Berlin, danach übernimmt er die künstlerische Leitung der Vereinigten Lausitzer Glaswerke in Weißwasser. 1942 wird Wagenfeld von der Armee eingezogen und an die Ostfront geschickt, von wo er erst im Herbst 1945 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. 1954 gründet er die Werkstatt Wagenfeld in Stuttgart und entwirft bis 1978 für zahlreiche Firmen Produkte, zum Beispiel für WMF, Peill & Putzler, die Braun AG und andere. Wilhelm Wagenfeld stirbt am 28.5.1990.


Bereits die erste Tischleuchte, die Wagenfeld in Weimar anfertigt, die Bauhaus-Leuchte von 1924, wird von seinen Meistern hoch gelobt und in größerer Stückzahl verkauft. Während seiner Zeit in Weimar folgen noch viele weitere Produkte, vor allem Leuchten, Tee-Services und anderes Geschirr, alle geprägt von einer großen Formenstrenge und dem Bemühen um Perfektion. Nach der Schließung der Bauhochschule Weimar arbeitet Wagenfeld kurzfristig für das Jenaer Glaswerk Schott & Gen., wobei eine Reihe von Decken-, Pendel- und Standleuchten entsteht, und unterrichtet an der Kunsthochschule Berlin bis 1935. Die Unterwerfung des Werkbundes unter die Kulturpolitik der NSDAP 1933 verurteilt er scharf: „Ich protestiere gegen die angestrebte Arbeitsgemeinschaft mit dem Kampfbund für Deutsche Kultur! Dieser Kampfbund ist eine Schmach für Deutschland!“ (Wagenfeld an die Geschäftsstelle des DWB, zit. nach Scheiffele, S. 83) Die Jenaer Gläser werden ein großer Verkaufserfolg und bringen Wagenfeld weitere Aufträge ein, so zum Beispiel für ein komplettes Service für die Porzellan-Manufaktur Fürstenberg/Weser. Ab 1935 ist er für die Vereinigten Glaswerke Weißwasser als künstlerischer Leiter unter Vertrag, wo er bis 1940 über 200 Muster für Gläser, Vasen, Services und anderes entwirft. 1937 wird er für seine Rautengläser mit dem Grand Prix der Pariser Weltausstellung und einer Bronzemedaille der Triennale in Mailand ausgezeichnet. Weitere bekannte Objekte dieser Zeit sind die Vase Paris, das Service Oberweimar und die geknickte Pelikan-Tintenflasche. Die Kriegsjahre unterbrechen diese sehr produktive Phase. Ab 1947 ist Wagenfeld Leiter der Abteilung Typisierung und Normung am Institut für Bauwesen der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Bereits 1949 schließt er einen Vertrag mit der WMF (Württembergische Metallwarenfabrik) ab, um 1954 dann seine Werkstatt, die Werkstatt Wagenfeld, in Stuttgart zu gründen. Bis zur Schließung der Werkstatt im Jahre 1978 widmet er sich ganz dem Entwerfen von industriellen Produkten und erhält zahlreiche Auszeichnungen, so zum Beispiel 1957 den Grand Prix der Triennale Mailand, 1968 den Berliner Kunstpreis und 1969 und 1982 den Bundespreis Gute Form. Zudem wird er 1962 und 1965 Ehrenmitglied der Akademie der Künste Stuttgart und Berlin. Wilhelm Wagenfelds zahlreiche Entwürfe, sein Unterricht an diversen Kunsthochschulen, seine redaktionelle Tätigkeit bei der Zeitschrift form und seine breit gefächerte Korrespondenz mit internationalen Künstlern machen ihn zu einem der einflussreichsten Produktgestalter Deutschlands.


Literatur

Carlo Buschel (Hrsg.): Zeitgemäß und zeitbeständig. Industrieformen von Wilhelm Wagenfeld. Bremen 1997

Wilhelm Wagenfeld Stiftung (Hrsg.): Wilhelm Wagenfeld: gestern, heute, morgen. Lebenskultur im Alltag. Bremen 1995

Walter Scheiffele: Wilhelm Wagenfeld und die moderne Glasindustrie. Stuttgart 1994

Beat Manske/Gudrun Scholz (Hrsg.): Täglich in der Hand. Industrieformen von Wilhelm Wagenfeld aus sechs Jahrzehnten. Bremen 1987

Kunstgewerbemuseum der Stadt Köln (Hrsg.): Wilhelm Wagenfeld. 50 Jahre Mitarbeit in Fabriken. Ausstellungskatalog. Köln 1973